HOLZBURGER BLÄTTER

Die Holzburger Blätter sind eine Publikationsplattform, in der in loser Folge Dinge und Objekte aus dem Bereich Kunst und Kultur vorgestellt werden sollen.

Schwerpunkt ist dabei die Verbundenheit mit dem Objekten des Schwälmer Dorfmuseums Holzburg und der Sammlung Merk Holzburg. Herausgeber der Holzburger Blätter ist Dr. Anton Merk.

Heinz Metz

SCHWÄLMER MÄNNERTRACHT

Schuhe

Schnallenschuhe mit eckigen Schnallen und roter Lasche: getragen von Unverheirateten ohne Trauer. Schnallenschuhe mit ovaler Schnalle und schwarz verzierten Laschen getragen von Männern und Burschen zur Trauer. Schnallenschuhe mit eckiger Schnalle und schwarz verzierter Lasche getragen von allen verheirateten Männern zum Kirch- und Abendmahlsgang ohne Trauer. Riemenschuhe getragen unter den Gamaschen oder zur Arbeit (Abb.1).

Schwälmer Stiefel mit weichen Schäften und zwei „Ohren“ an jedem Bein getragen von den Burschen zu allen festlichen Gelegenheiten, in Schrecksbach auch zum Abendmahl und zur Trauung. In Holzburg sind dazu Schnallenschuhe üblich (Abb.2).

Strümpfe und Gamaschen

Blaue, wollene Stümpfe mit weißem Rand und weißen Füßlingen. Getragen am Werktag, am Sonntag  von verheirateten Männern. Weiße Zwickelstrümpfe. Getragen von Burschen unter 20 Jahren – ehe sie die langen Stiefel bekommen – zu allen festlichen Gelegenheiten (Tanz, Hochzeit. Kirchgang am Erntedankfest…). Blaue Wollgamaschen getragen besonders im Winter von allen älteren Männern auch zum Kirchgang, zum Abendmahls- und Beerdigungsgang. Blaue Leinengamaschen getragen zur Feldarbeit. Weiße Leinengamaschen getragen von Burschen zum ersten Kirmestag (Bierwagen) auch beim Reiten, bei Fahren des Kammerwagens und Abholen der Braut im Nachbardorf.

Hosen

Blaue Leinenhosen, geschlossen an der Innenseite des Knies mit wildledernen, blauen Hosenbändern, die nach außen gezogen und am rechten und linken Knie zur Schleife gebunden werden, getragen am Werktag. Weiße Leinenhosen, ebenso gearbeitet, zum Sonntag. Hirschlederne Hosen oder aus weißem Stoff gefertigt für Abendmahlsgang und Beerdigung, bei Trauer geschlossen durch weiße Hosenbänder aus Schafleder (Abb.3). Hosen aus schwarzem Kalauk für ältere Männer im Winter. Knöpfhosen zu weißem Leinen an den Seiten weiß bestickt, durch ein lange Reihe von Hornknöpfen an der Seite zu schließen, unter dem Knie durch ein Messingschnalle gehalten, getragen zum Ärmeldung, der festlichen Jacke der Brautführer und Reiter.

 

Hemden

Gezackte Hemden, mit verziertem Kragen, reichbestickte Busen und Armelbündchen getragen von allen Unverheirateten zu Kirchgang, Abendmahl und Tanz. Hemden mit gesticktem Kragen und in Busen schwarz eingesticktem Namen und Ärmelbündchen.

Garnitur für den Sonntagnachmittag. Hemden mit einfachem Kragen, aber gesticktem Ärmelbündchen und schwarzem Namen getragen von allen Verheirateten. Bräutigamshemd mit den Namen der Brautleute und Jahreszahl, getragen zu Trauung und später zum Abendmahl. Die ganz alten Bräutigamshemden sind aus durchsichtigem weißen Veile und tragen ein fein ausgenähtes Herz auf dem Rücken.

Westen

Das Leibchen, wie ein Jäckchen ohne Ärmel gearbeitet, mit 32 Messingknöpfen, reich gestickten Taschen und Ecken, wird unter dem Kittel von Männern und Burschen zu allen festlichen Gelegenheiten und – ohne Verzierung –  auch zur Arbeit am Werktag getragen (Abb.4). Die rote Weste mit hochstehendem Kragen und Futterteil im Rücken gehört zu allen festlichen Anlässen der Jugend (Abb.5). Die Straminweste mit geblümtem schwarzen Samt besetzt wurde von kleineren Jungen getragen. Die Brokatweste, genau gearbeitet wie das Leibchen aber mit roter Stickerei auf hellblauem, rotem oder grünem Brokatstoff, wurde zum Ärmelding oder zum weißen Kittel getragen (Abb.6).

 

Kittel

Man unterscheidet zwischen roten, grünen und gesteppten Kitteln je nach der Verzierung am Kragen und den Schulterstücken. Die langen, blauen Leinenkittel sind erst nach dem Jahr 1848 an Stelle der weißen Röcke in Gebrauch gekommen. Die Stickerei wurde nach Anlass und Stand in den Farben gewählt. Früher war die Stickerei stets aus Wolle, nach dem ersten Weltkrieg ließen sich reche Bauernburschen ihre Festtagskittel auch mit roter oder grüner Seide besticken (Abb.7).

 

Röcke

Der schwarze Rock, Abendmahls- und Trauerrock, mit weißem Leinen gefüttert und mit 32 gestickten schwarzen  Knöpfen verziert, ohne Kragen, getragen zum Abendmahl, zur Beerdigung, zum Kirchgang im Trauerjahr und zur Trauung.

Das Kamisol, genau gearbeitet wie der schwarze Rock, nur aus dunkelblauem Stoff mit blanken Messingknöpfen und blauer Stickerei, früher vor allem von Verheirateten anstatt des Kittels zum Kirchgang getragen, später nur zur Beichte und zum zweiten Gottesdienst am Abendmahlstag (Abb. 8).

Das Ärmelding, gearbeitet wie ein gekürztes Kamisol, aus demselben blauen Stoff, mit reicher blauer Wollstickerei, früher noch mit feinen handgearbeiteten Stahlknöpfen verziert, bei den späteren Stücken mit fabrikfertigen Messingknöpfen ist die Jacke des Brautführers und Vorreiters. Sie wirkt vornehm und königlich, lässt die leuchtende Brokatweste und das gestickte Hemd ganz anders zur Geltung kommen als wenn das alles vom langen Kittel versteckt wird (Abb.9).

Der weiße Kittel. Eigentlich müsste er der „weiße Rock“ heißen, weil er wie Kirchrock und Kamisol, aber nicht wie ein Kittel gearbeitet ist. Er war bis 1848 das täglich Kleidungstück auch zur Feldarbeit, dann aber aus grobem Tuch, ohne Stickerei. Die Sonntagskittel sind aus feinem Leinen die Taschen und Rückenschlitze weiß bestickt. Der Kittel ist mit acht glatten Messingknöpfen verziert. Heute wird er nur bei Festen von den Reitern getragen, lässt die rote Weste schöne hervortreten und ist, besonders im Sommer, ein leichtes und doch vornehmes Kleidungstück (Abb.10).

 

Hüte und Mützen

Der Filzhut, für Sommer und die Arbeit. Hellbrauner, grauer oder bläulicher Filz, mit Seidenband eingefasst, von allen Altersstufen getragen.

Die Bromkappe. Schwarze Krimmer-Pelzmütze für den Winter mit grün-tuchenem Boden, in den der Zipfel der alten Zipfelmütze eingesteppt ist, mit schwarzer Trodel an der rechten Seite.

Die Ottermütze, Fischotterbesatz mit grünsamtenem Boden und Goldtressenbesatz. Sie wird so aufgesetzt, dass der niedrige Pelzteil, der den Samt hervortreten lässt, stets auf der linken Kopfseite sitzen muss. Getragen zu hohen Festen, zur Hochzeit, Kirmes, stets zum Ärmelding und zum weißen Kittel.

Dreimaster oder Kirchenhut, mit der Spitze nach vorn getragen zu Abendmahl, Beerdigung, Trauerjahr, zu letzteren bei den Gelegenheiten mit darüber gelegtem Florstreifen. Zu schwarzem Rock und Kittel muss stets der Dreimaster aufgesetzt werden.

 

Halstücher

Das taffetseidene Halstuch unter dem Hemdkragen zu legen und vorne zu zwei Knoten zu binden, dass die Enden rechts und links abstehen.

Das genähte Halstuch, an den Enden mit roter und grüner Seitenstickerei verziert, wird so gebunden, dass die gestickten Enden auf der Brust liegen (Abb. 10 und 11).

Das Tritzertuch. Rotes mit gelbem Muster bedrucktes Tuch, das mit Seidenrosetten und mit dem Namen des Burschen benäht ist, wird zum Tanz und dem Kittelkragen gelegt und beim Schwälmertanz den Mädchen zugeworfen.

 

Herkunft des Textes

Der Text fand sich als Typoskript bei der Übernahme des Holzburger Pfarrhofes durch die Eigentümergemeinschaft Reifarth, Frese, Merk, Schultz, in einer Kommode im Flur. Er ist sicher von Pfarrer Heinz Metz erstellt worden, wobei unklar bleibt wann er entstanden ist. Dr. Anton Merk übergab den Text mit weiteren schriftlichen Unterlagen von Pfarrer Metz dem Schwälmer Dorfmuseum Holzburg.
Er wurde der heutigen Rechtschreibung angeglichen.

 

Artikel von Heinz Metz aus 2017

Abbildungen und Abbildungsnachweis:

Abbildung 1: Riemenschuhe, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Rosa Merk
Abbildung 2: Stiefel, Detail, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 3: Hose, Leinen, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 4: Blaue Weste (Leibchen) Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 5: Rote Weste (Leibchen) Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 6: Brokatweste, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Rosa Merk
Abbildung 7: Schwarzer Kittel, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 8: Kamisol, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 9: Ärmelding, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 10: Weißer Mantel, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Anton Merk
Abbildung 11: Schal, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Rosa Merk
Abbildung 12: Schal, Schwälmer Dorfmuseum Holzburg, Foto: Rosa Merk

Heinz Metz

1925-1965
Pfarrer in Holzburg und Schrecksbach
1959
Gründer und Betreiber des Dorfmuseums Holzburg
1962
Erweiterung des Dorfmuseums Holzburg
1971
Übergabe des Dorfmuseums Holzburg an den Schwälmer Heimatbund
1973
Gestorben.

Zahlreiche Publikation zur Schwälmer Kulturgeschichte. Wichtige Fotodokumentationen zum Leben der Holzburger und Schrecksbacher zwischen 1925 und den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts.